Selbstgespräch Wie Worte aufs Gehirn einwirken
Niemand hört sie. Oft sind sie uns nicht einmal selbst bewusst. Doch die Gespräche, die wir mit uns führen, bestimmen unser Leben, unser Denken, unsere mentale Gesundheit. Geschickt eingesetzt wirken sie wie ein kleines Coaching.
Himmlisch, lesen die Teilnehmer einer Studie in großen Buchstaben auf eine Leinwand projiziert. Warm. Beschwingt. Später ändert sich der Ton. Wörter wie zermürbend, eklig oder quälend scheinen vor den Augen auf.
Das Ergebnis des Experiments können Sie sich vermutlich denken. Wahrscheinlich haben Sie nämlich schon beim Lesen den Unterschied gespürt. Während gute, positive Wörter den Kopf weiten, machen negative Wörter das Denken und den Brustkorb eng.
Die Kraft der Selbstgespräche
Wenn schon einzelne Worte die Stimmung verändern, was bewirken dann erst all die lautlosen Gespräche, die wir im Kopf mit uns führen? Die Geschichten, die wir uns selbst erzählen? Die Gedankenketten, die uns manchmal noch im Schlaf wachhalten?
Ihr Einfluss auf unsere mentale Stärke ist immens. Denn unser innerer Monolog beeinflusst, wie wir die Welt sehen. Wie ein Medikament, nur viel schneller, baut er uns auf oder zieht uns runter, weckt Assoziationen und prägt unser Denken und Handeln.
Die Wirklichkeit ist Ansichtssache
Was wir wahrnehmen, ist nicht die objektive Wahrheit. Es wird durch unsere Wortwahl positiv oder negativ eingefärbt. Das aber heißt: Wir können unsere Wahrnehmung selbst steuern.
Daraus kann man eine Wissenschaft machen. Muss man aber nicht. Im normalen Alltag braucht es kein Coaching, damit wir von der Wirkung der Worte profitieren. Eine geeignete Botschaft an uns selbst genügt und wir finden leichter raus aus dem Grübeln rein in die Lösung.
Es lohnt sich also, Sprache auch beim Selbstgespräch bewusst einzusetzen.
Fünf Tipps, wie Sie mit sich selbst gut sprechen
1 Wie reden Sie eigentlich mit sich?
Nehmen Sie Ihre Selbstgespräche bewusst wahr. Sprechen Sie sich Mut zu, bringen Sie sich zum Lachen, beruhigen Sie sich, feuern Sie sich an? Oder reden Sie sich gern mal runter, vergleichen Sie sich oder sprechen sich jedes Talent ab? Auch wenn niemand Ihren inneren Monolog hört, er beeinflusst Ihr Handeln.
2 Sagen Sie sich nur, was Sie auch wirklich glauben
„Alles gut.“ „Das krieg ich hin.“ „Was du willst, bekommst du auch.“ Positive Floskeln sind beliebt. Sie bringen aber nicht viel. Der Grund dafür liegt nahe: Nur Selbstgespräche, die wir uns glauben können, zeigen Wirkung. Deshalb können wir Probleme nicht wegdrücken oder Ängste einfach kleinreden. Viel realistischer ist ein Satz wie „Ich komme immer zurecht“. Er verspricht keine Wunder. Dafür lenkt er Ihren Blick zuverlässig auf Ihre Fähigkeiten und Ressourcen.
3 Nutzen Sie die Kraft von Metaphern
Bildliche Vergleiche wie „Meine Firma liegt nicht nachts wach und denkt an mich“ wecken Assoziationen. Im Handumdrehen sehen Sie die Welt mit anderen Augen. Manchmal genügt ein Satz, und Sie erkennen übersehene Wahrheiten und Möglichkeiten.
4 Denken Sie gern mal ein bisschen frecher
Das ist das Schöne am Selbstgespräch: Es gibt keine Tabus. Alles ist denkbar. Auch wenn es erst mal respektlos klingt. Klar behält man einen Spruch wie „Nicht mein Zoo, nicht meine Zebras“ in vielen Situationen besser für sich. Im Selbstgespräch hingegen hat er seinen großen Auftritt. Schneller kann man kaum erkennen, wo man Grenzen ziehen darf (und muss).
5 Nutzen Sie ein Repertoire von Lieblingssätzen
Manchmal muss es einfach schnell gehen. Wenn der Alltag fordert, will die Seele unkompliziert gestärkt sein. Dafür brauchen wir keine ausgefeilten Dialoge mit uns selbst. Auch fertig vorgedachte Sätze fördern die Beobachtungsfähigkeit, entschärfen Stress-Situationen und verrücken Perspektiven.
25 solcher Sätze fürs Instant-Coaching setzt Ihnen mein neues Buch in den Kopf – von „Nicht mein Zoo, nicht meine Zebras“ bis zu „Glaub dir nicht alles, was du denkst.“ Bei der Auswahl hat mich eins besonders geleitet: Die therapeutische Wirkung beginnt oft damit, dass man über etwas lachen kann!
Buchtipp: Doris Märtin. Nicht mein Zoo, nicht meine Zebras. Und 25 andere Sätze, die Ihnen Coach und Couch ersetzen. Ariston 2024. 272 Seiten.