Mein erster Roman ist da! Er heißt Die Eingebildeten, spielt in der Uni-Welt, ist vielstimmig erzählt und am besten liest er sich auf dem Sofa oder im Liegestuhl weg.
Von allen Büchern, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe, haben mir Die Eingebildeten am meisten Freude und die steilste Lernkurve gebracht. Ich weiß nicht, ob ich viel anders machen würde, wenn ich den gleichen Roman noch einmal schreiben würde. Denn auch wenn man sich nicht selbst lobt: Ich habe das Manuskript wie alle meine Texte ein gutes Dutzend Mal überarbeitet und mich dabei nicht ein einziges Mal gelangweilt. Und ich habe mich am Ende von meinen Figuren so ungern getrennt wie mit 13 von meinen Barbiepuppen.
Trotzdem. Beim zweiten Roman werde ich schlauer sein, und das sind meine wichtigsten Erkenntnisse.
Lektion 1: Die Figuren treiben den Roman, nicht die Ereignisse
Als Sachbuchautorin bin ich es gewöhnt, Themen zu planen und zu recherchieren. Beides spielt auch beim belletristischen Schreiben eine Rolle. Ich habe aber gelernt: Ein Roman lebt mehr von den Figuren als vom Inhalt. In meinem ersten Entwurf hatte ich die Handlung so schnell erzählt, dass ich nach fünfzig Seiten eigentlich fertig war und das Ergebnis unerwartet blass.
Das Projekt landete in der Schublade. Doch es ließ mir keine Ruhe. In den Sommerferien fing ich noch einmal an und probierte aus, was erfahrene Romanautoren raten: Man müsse als Schriftstellerin über seine Heldinnen und Helden mehr wissen als im fertigen Roman erzählt wird. Ich zog also die Extraschleife und schrieb auf vielen Seiten die Lebensgeschichten meiner Protagonisten nieder. Jetzt nahm die Geschichte Fahrt auf. Meine Figuren entwickelten ein Eigenleben.
Wenn ich nicht weiter wusste, brauchte ich mich nur zu fragen: Wie geht es Charlotte heute? Was treibt Fabian gerade um? Und wie kommt Helene damit zurecht, dass …? Aus dem Hintergrundwissen über die Charaktere hat sich auch der formale Aufbau des Buches ergeben: Jede Figur erzählt das Geschehen aus ihrer persönlichen Perspektive. Wie im wahren Leben wird damit die Wirklichkeit zur Ansichtssache …
Lektion 2: Es verkompliziert die Sache, wenn man an den Genres der Verlage und Buchhandlungen vorbeischreibt
Wenn Sie mich fragen würden, welches Romangenre ich am liebsten lese, wüsste ich darauf keine Antwort. Ich lese kreuz und quer, E und U, Kitsch und Klassik und am liebsten Geschichten mit vielen spannenden Figuren, die nicht zu gut und nett sein sollten, um wahr zu sein.
Diese eklektischen Lesevorlieben merkt man meinem Roman Die Eingebildeten an. Er ist halb Familiengeschichte, halb Campusroman, er enthält Krimielemente, aber die Hauptrolle spielen sie nicht, es gibt ein hautnah recherchiertes Setting, und ich persönlich finde das alles schön und gut. Doch es bleibt ein Aber. Mein Roman lässt sich nicht eindeutig einordnen: zum Beispiel als regionaler Krimi, Historienroman oder Fantasy.
Nachdem mir ein halbes Dutzend Verlage unisono dieses Manko mitgeteilt haben, habe ich mich entschieden: Ich bin in einer Lebensphase, in der man handelt und nicht wartet, doch noch entdeckt zu werden, in einem Jahr oder nach dem 26. Versuch wie John Grisham, dessen Bücher erst keiner wollte und heute jeder kennt. [1]
Lektion 3: Amazon bietet Möglichkeiten für Autoren wie es sie nie vorher gab
Zum Glück befinden wir uns mitten in der Digitalisierung und das schenkt uns, wie es die Lyrikerin Nora Gomringer formuliert, eine ganze Welt. Mit Kindle Direct Publishing kann jeder seine Buchideen verwirklichen und interessierte Leserinnen und Leser erreichen. Vielleicht keine Millionen, wie Amazon für seine Selfpublishing-Plattform wirbt. Aber das ist bei traditionellen Verlagen nicht anders.
Doch ob Sie einen Roman schreiben oder ein Sachbuch planen: Kindle Direct Publishing bietet Autorinnen und Autoren die einzigartige Möglichkeit, die eigenen Bücher bei Amazon als E-Book und/oder Taschenbuch zu veröffentlichen. Das kostet nicht einen Cent – und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Kindle Direct Publishing liefert alle Möglichkeiten, nicht nur professionell geschriebene, sondern auch hochwertig gestaltete Bücher zu publizieren. Größenvarianten, Papierqualität, Bindung, Haptik des Covers, Herstellung, Auslieferung – ich war von allen Details begeistert.
Lektion 4: Die Verdienstmöglichkeiten bei Amazon übertreffen die Honorare im herkömmlichen Verlag. Blenden lassen darf man sich davon allerdings nicht!
Eine Einschränkung gibt es allerdings: Satz und Covergestaltung liegen völlig in der Hand der Autoren. Meine Erfahrung dabei war: Ein professionelles E-Book lässt sich mit dem Amazon-Tool Kindle Create problemlos an einem Regenwochenende gestalten und hochladen. Beim Softcover dagegen greift das Tool für meinen Geschmack zu kurz. Es hat viel Zeit gekostet, die Taschenbuchausgabe so zu gestalten, dass sie meine Vorstellungen von einem gut gemachten Buch erfüllt.
Nach dieser Erfahrung achte ich noch mehr, was Verlage leisten: Um Typografie, Umschlaggestaltung, Registerhaltigkeit und alle Kommas auf dem richtigen Platz habe ich mich bei meinen Sachbüchern und Ratgebern nie groß kümmern müssen. Der Aufwand für die Gestaltung genau wie für die Buchvermarktung relativiert die höheren Tantiemen, die Amazon seinen Autorinnen und Autoren überlässt. Mehr professionelle Unterstützung bei beidem bietet ganz klar der traditionelle Verlag.
Lektion 5: Einen Roman zu schreiben, ist gut und schön. Aber perfekt ist es erst, wenn er auch seine Leserinnen und Leser findet!
Von dem französischen Mathematiker und Philosophen Blaise Pascal stammt der Satz: „Die besten Bücher sind die, von denen jeder Leser meint, er hätte sie selbst machen können.“ Ich würde mich riesig freuen, wenn Die Eingebildeten ein solches Buch für Sie wäre – ein Lesevergnügen, spannend, satirisch, mit Menschen, wie jeder sie kennt.
Doris Märtin
Die Eingebildeten
347 Seiten
ISBN 979-8-590-96576-2
Softcover EUR 14
E-Book EUR 4,99
[1] Matthew Jockers, Jodie Archer. The Bestseller-Code. Penguin Books2016. Seite 57