Der Buchklassiker Ambition geht in die zweite Runde: noch zugespitzter, noch erhellender, noch relevanter. Mit großer Kompetenz und Klarheit entschlüsseln Dorothea Assig und Dorothee Echter, was Spitzenerfolge beflügelt.

“Die meisten Faktoren einer großen Karriere sind im Menschen selbst zu finden.”

Im Buchauszug beleuchten die Topmanagement-Beraterinnen die fünf universell gültigen Dimensionen, die zu einer großen Karriere führen: Ambition, höchstes Können, eine stabile Psyche, positive Resonanz und die eigene, passende Bühne.

Ambition: Das schreiben Assig + Echter

anfuehrungszeichen_obenIm Zentrum der fünf Dimensionen steht die persönliche Ambition – der Impuls, die eigenen Gaben auszuschöpfen und das eigene Anliegen zu verwirklichen. Es ist der Drang, das eigene Talent, die eigenen Werte zu zeigen und einzusetzen und dadurch die Welt zu verbessern. Dieser Spur wird gefolgt, auch gegen Widerstände.

Ohne ein Anliegen, ohne einen inneren Antrieb kann keine Karriere beginnen oder wachsen. Die Ambition ist der Motor. Ambition ist nicht zu verwechseln mit Zielen oder Erwartungen. Die Ambition kann nicht ausgedacht oder konstruiert werden, sondern nur erspürt und erforscht. Sie kommt nicht von außen, sie ist einfach da, eine autonome Kraft.

Ambition Cover

Jeder Mensch hat innere Anliegen und Werte, die ihm nicht unbedingt bewusst sind, die er aber fühlt.

Stellen Sie sich einen Menschen vor, der Verschwendung verabscheut. Als kleinem Jungen hat es diesem Menschen womöglich gefallen, die Großmutter zu beobachten, die alle Handgriffe im Garten mit äußerster Effektivität und Präzision ausführte. Später ersann er Systeme, um seine Aufgaben in Schule und Haushalt in möglichst kurzer Zeit gut zu erledigen. Damals wie heute wittert er unnötigen Zeitaufwand überall dort, wo er betrieben wird. Seine Gedanken kreisen oft und lustvoll um elegante, effektive Prozesse.

 Das ist eine Ambition. Ambitionen wollen wachsen. Dazu brauchen sie Aufmerksamkeit, Nahrung und Richtung, die ihnen ihre Träger selber viel eher zu geben vermögen als andere Menschen.

 

Höchstes Können

Das Streben nach höchstem Können ist die erste von vier strategischen Handlungsdimensionen, deren Bedeutung für jeden, der eine große Karriere macht, immer wieder von Neuem in den Vordergrund rückt. Fleiß und Disziplin begleiten die Ambitionierten von Anfang an. Sie sind nie zufrieden, sondern suchen lebenslang nach Lern- und Optimierungsmöglichkeiten, die der Ambition einen größeren Raum und eine größere Wirkung verschaffen.

Es ist ein immanentes Streben – der Cellist Pablo Casals (1876 – 1973), einer der bedeutendsten Musiker des 2o. Jahrhunderts, mochte auch im höchsten Alter nicht darauf verzichten, täglich sein Cellospiel zu üben – und eine Strategie, die sogar nach Ansicht einiger Forscher das Talent ersetzen kann. Mindestens 1oooo Stunden Übung in zehn Jahren, so beginnen große Karrieren, und dann sind sie noch lange nicht zu Ende. Das tiefe Bedürfnis nach Vervollkommnung, nach dem Erlernen neuer Fertigkeiten und dem Erwerb neuer Kenntnisse und der Drang zu üben, mehr zu erlangen, weiterzumachen, besser zu werden, überwindet viele, auch die größten Hindernisse.

 

Stabilisierung der Psyche

Die Stabilisierung der Psyche ist die zweite strategische Handlungsdimension. Sie ist deshalb zentral, weil wir Menschen auf große Karrieren nicht gut, meist gar nicht vorbereitet sind, selbst wenn wir sie ersehnen.

Innere und äußere Krisen sind ebenso unausweichlich wie notwendig. Sie verlangen Reflexion, Beratung, Veränderungs- und Lernbereitschaft. Dies ist niemals ein rein kognitiver Prozess, sondern ein Prozess, der die gesamte Persönlichkeit ergreift. Das, was in einem speziellen Moment, in einer speziellen Phase der Karriere nötig ist, ist für die betreffende Person schwer zu erkennen. Oft sind unbewusste innere Widerstände gegen die Arbeit an der eigenen Psyche aktiv, die Erkenntnisse und weitere Fortschritte erschweren oder sogar ausschließen.

So ist vielen einflussreichen Menschen ihre Macht, ihr Erfolg nicht bewusst. Sie fühlen sich tief in ihrem Inneren weiter abhängig und klein, beklagen sich über die »wirklich Mächtigen«, obwohl doch viele Teams und auch die Vorgesetzten sich an ihnen orientieren, viele Projekte fulminant abgeschlossen wurden, großes Können entwickelt wurde. Ohne innere Erfolgsgewissheit findet die Karriere keine Fortsetzung, kann keine Ausstrahlung wachsen, können andere nicht darauf vertrauen, dass die betreffende Person noch größere Aufgaben meistern wird.

 

Positive Resonanz

Positive Resonanz und Zugehörigkeit zu anderen Ambitionierten zu gewinnen führt zu Macht und Einfluss und zu einer großen Karriere. Jede Phase der Karriere braucht anspruchsvollste Vorbilder, hochkarätige Geschäftsfreundinnen und Freunde aus den unterschiedlichsten Bereichen. Der Kreis der Ambitionierten ist ihnen Heimat und Ansporn. Erfolgreiche Menschen brauchen Resonanz und Spiegelung von anderen Erfolgreichen. Anfänglich wird die Karriere durch herausragende Leistungen und Erfolge weiter wachsen, diese tragen weit bis in das mittlere Management hinein zu einer stabilen beruflichen Existenz. Von da an geht es um das Gefühl der Zugehörigkeit – in der Topliga heimisch zu werden – durch positive Resonanz und persönliche Nähe, die sich in dem Topmanagement affinen Habitus, dem »Stallgeruch«, der »Chemie« ausdrückt.

Fantasien, nach denen Überlegenheit, Drohung, Zwang, Kampf und Durchsetzungsvermögen Karrieren vorwärtstreiben, haben längst aus- gedient, wenn sie denn je Gültigkeit hatten. Eines der größten Probleme, die Wahrheiten über Karrieren verschleiern und Erkenntnisse hartnäckig verhindern, ist, dass die Karrieren von außen oder von weiter unten auf der Einflussskala oft völlig anders aussehen. Hier sehen Menschen nicht die positive Resonanz, sondern Ausgrenzung, Statusrituale, Machtspiele, Egoismus, Abwertung, Gleichgültigkeit und denken sich: »Die da oben sind so.« Die Dynamik der positiven Resonanz zu erkennen ist unumgänglich: Die Person, die Erfolg anstrebt, muss sich über negative Beobachtungen wie die gerade geschilderten hinwegsetzen und selbst damit beginnen, positive Resonanz in der Community der Einflussreichen zu erzeugen. Sie muss ihr eigenes inneres Anliegen herausstellen, die eigene Ambition, die eigene gute Laune, Dankbarkeit, Großzügigkeit und Wertschätzung. Tut sie dies, so wird sie nach und nach erkennen, wie positive Resonanz in Kreisen von bedeutenden Persönlichkeiten gelebt wird. Dieses Wissen bleibt allen noch so scharfsichtigen Analytikern der Macht verschlossen, die sich nicht selbst in dieser Dimension bewegen.

 

Die eigene Bühne

Die exakt passende eigene Bühne muss selbst gefunden, definiert, gestaltet werden. Jede Ambition ist einzigartig, wie jede große Karriere. Die Adressaten der großen Karriere, ob Opernpublikum, Herzpatienten, die politische Öffentlichkeit in den USA oder internationale Investoren, müssen identifiziert, definiert und angesprochen werden. Für die eigene Bühne gibt es keine Vorbilder oder Muster.

Unternehmen entwickeln Talente, um sie in vorgegebenen Positionen einzusetzen. Für Menschen, die auf der Spur ihrer großen Karriere sind, ist das jedoch keine gute Idee. Sie entwickeln sich vorwiegend selbst und entdecken immer klarer, wie, wo und woran sie arbeiten möchten. Kompromisse sind im Laufe der Karriere immer weniger möglich.

Ein junger Musicalstar könnte großartige Engagements bekommen, aber seit einiger Zeit denkt er daran, wie viel Freude es ihm machen würde, andere zu unterrichten. Er nimmt noch an einigen Castings teil, agiert dort jedoch eher halbherzig. Er tritt noch da oder dort auf, aber während er auf der Bühne steht, kreisen seine Gedanken vor allem darum, wie es möglich sein könnte, andere Darsteller ganz einfach, ganz mühelos auf anspruchsvolle Rollen wie die seinige vorzubereiten. Nichts bringt ihn davon ab, seiner pädagogischen Neigung zu folgen, und später revolutioniert er die Musicalpädagogik, ohne dass zuvor jemand daran gedacht hätte, dass dies notwendig oder wünschenswert sein könnte. Für den Musicalstar gibt es keinen vorgegebenen idealen Platz, der Lehrstuhl an einer bedeutenden US-Universität wird Jahrzehnte später für ihn neu geschaffen.

 Große Karrieren sind Pionierkarrieren, nicht nur im Showgeschäft, sondern auch in Unternehmen. Erfolgreiche Unternehmen sind deshalb längst dazu übergegangen, für die ambitioniertesten und erfolgreichsten Managerinnen und Manager – die manchmal zugleich die eigenwilligsten sind – Positionen anzupassen oder ganz neu zuzuschneiden. Während der langen Zeit der Entfaltung ihrer großen Karriere ist es deshalb immer die Aufgabe der Ambitionierten selbst, ihr Heimspiel zu identifizieren, ihre Rolle zu definieren, sich selbst darin auszuprobieren, sich anderen mitzuteilen und sich ihre ideale Rolle und ihre eigene Bühne selbst zu wählen und zu gestalten.

 

Buchauszug entnommen aus:
Ambition 2. Auflage verkleinert für Linkedin_ (002)Dorothea Assig | Dorothee Echter
Ambition. Wie große Karrieren gelingen
2., aktualisierte Auflage
Campus 2019
Hardcover gebunden
ISBN 9783593510 071
280 Seiten | E-Book inside