An welcher Stelle Fehler am meisten auffallen, was Sie von der Korrekturhilfe erwarten dürfen und warum Texte reifen müssen, wenn sie richtig gut sein sollen.
Tage-, wochen- oder sogar monatelang haben Sie an Ihrem Text – Hochschularbeit, Internetseite, Bewerbung, Buch – gefeilt. Nun steht der Abgabetermin bevor. Sie wissen: Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion gehören nicht gerade zu Ihren Stärken. Doch leider sind genau hier Formfehler ein Nachteil.
Herzlichen Glückwunsch, wenn Sie es sich leisten können, eine(n) Profikorrektor(in) damit zu beauftragen, für den letzten Schliff an Ihrem Text zu sorgen. Professionelle Korrektoren prüfen Ihren Text auf Herz und Nieren, fügen Kommas ein, wissen, wie man den Namen des französischen Präsidenten schreibt und dass es korrekterweise heißt: Die Kinder laufen eis. Wenn Sie trotzdem lieber selbst Korrektur lesen, gebe ich Ihnen hier sechs Erste-Hilfe-Tipps.
Tipp 1: Lassen Sie den Text abhängen wie ein gutes Stück Fleisch
Wenn Sie sich in der letzten Zeit mit nichts anderem als Ihrem Text beschäftigt haben, fehlt Ihnen die Distanz dazu: zum Gesamtaufbau, zur Satzstruktur bis hin zur Schreibweise einzelner Wörter. Lassen Sie das Dokument vor der Textkorrektur möglichst eine Woche ruhen, beschäftigen Sie sich mit anderen Dingen und gehen Sie nach dieser »Reifezeit« mit frischem Blick noch einmal drüber: Sie werden staunen, wie viele Ungereimtheiten Ihnen jetzt, nach dieser Pause, auffallen.
Tipp 2: Das automatische Korrekturprogramm als Grobcheck
Leider spürt das automatische Korrekturprogramm, zum Beispiel jenes im Programm »Word«, nicht alle Fehler auf, doch für den ersten Korrekturdurchgang taugt es allemal: Dazu markieren Sie den ganzen Text und wählen im Menü Überprüfen > Sprache > Sprache für die Korrekturhilfen festlegen die gewünschte Sprache aus. Anschließend korrigieren Sie die unterringelten Wörter. In Zweifelsfällen schauen Sie unter www.duden.de nach. Der Duden ist nach wie vor das maßgebliche Nachschlagewerk für Textkorrekturen.
Tipp 3: Drucken Sie den Text aus
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass man in einem ausgedruckten Text definitiv mehr Fehler sieht als am Bildschirm. Das liegt daran, dass die Augen beim Bildschirmlesen schneller ermüden und infolgedessen die Konzentration nachlässt. Im Anschluss an das Korrekturlesen auf Papier übertragen Sie Ihre Korrekturen in die elektronische Version und lesen den Text am Bildschirm ein zweites Mal Korrektur.
Tipp 4: Lesen Sie sich den Text laut vor
Diese Methode ist erstaunlich hilfreich. Sie merken sofort, wo ein Satz holprig klingt, wo sich ein langer Bandwurmsatz eingeschlichen hat und wo sich Tippfehler oder Buchstabendreher verstecken. Vergessen Sie nicht, ab und zu einen Schluck Wasser zu trinken – lautes Lesen macht die Kehle trocken!
Tipp 5: Geben Sie das Manuskript einer zweiten, sprachlich versierten Person zum Lesen
Zwei Augenpaare sehen mehr als eines. Am Schluss arbeiten Sie das, was dieser Person aufgefallen ist, in Ihre Textversion ein.
Tipp 6: Korrigieren Sie hervorgehobenen Text separat
Nichts ist ärgerlicher, als in einem hervorgehobenen Text (Überschriften, Zitate, Bildlegenden oder Marginalien) Tippfehler zu entdecken. Sie springen an so prominenten Stellen einfach stärker ins Auge als im Lauftext. Deshalb empfehle ich einen separaten Korrekturdurchgang nur für diese Textteile. Ihr Text wird es Ihnen danken – und das Lesepublikum auch.
Susanne Lötscher ist Wahlschweizerin. Dort, wo Aare, Limmat und Reuss sich treffen, findet sie Buchstabendreher in Geschäftsberichten, lektoriert amerikanische Ratgeberbücher, übersetzt brasilianische Fantasy-Epen – und taucht mit jedem Auftrag in neue, faszinierende Welten ein. www.transkorrekt.ch