Das Komponierhäusl des Komponisten Gustav Mahler ist nicht nur ein wunderschöner Schaffensort. Es liefert auch Impulse für den eigenen Arbeitsstil.

 

 

Produktivität stärken | Doris Märtin

 

Am letzten Tag meines Sommerurlaubs bin ich mit meinem Mann zu Gustav Mahlers Komponierhäuschen in Maiernigg am Wörther See hinaufgestiegen.

Der Sonne schimmerte durchs Laub, bemooste Felsen säumen den Weg, der Waldweg weitet sich, Mahlerklänge tönen dem Besucher entgegen. Auf einer Lichtung steht ein schmuckloses Steinhaus mit tief heruntergezogenem Dach.

Die Eingangstür steht offen und  gibt den Blick auf den einzigen Raum des Häuschens frei. Weiße Wände, Holzfußboden, drei Fenster holen die Natur ins Haus. Von unten glitzert der See herauf.

 

Wie ein kreativer Lebensstil die Produktivität ankurbelt

In dem schlichten Raum sind Briefe, Partituren und Fotos ausgestellt. Fernab der Welt komponierte Mahler hier zwischen 1901 und 1907 seine Sinfonien 4 bis 8, die Rückert-Lieder und die „Kindertotenlieder“.

Auf Schautafeln steht zu lesen, wie Mahler seinen kreativen Prozess organisiert hat. Hier sind die Verhaltensweisen, die sich für ihn bewährt haben  – zum Abschauen und Ausprobieren. Auch dann, wenn Sie – wie ich – kein eigenes Arbeitshäusl mitten im Wald besitzen!

 

Produktiver und kreativer arbeiten  #1:
Dem Tag Struktur geben

Bedingt durch seine Arbeit als Hofoperndirektor konnte Mahler nur in den Sommerferien komponieren. Um die Zeit bestmöglich zu nutzen, bestand er auf einem streng strukturierten Alltag. Seine Frau Alma Mahler hat ihn in ihren Erinnerungen dokumentiert: „Mahlers Lebensweise war in den ganzen sechs Jahren die gleiche. Er stand im Sommer jeden Tag um sechs, halb sieben Uhr auf.“ Danach eilte er in sein Waldhäuschen hinauf, frühstückte und begann zu arbeiten. Um 12 Uhr machte er Schluss, ging in die Sommervilla am See hinunter und tauchte weit in den See hinaus.

Nachmachen: Programmieren Sie sich auf Kreativität. Wiederkehrende Rituale und Rhythmen helfen dabei.

 

Produktiver und kreativer arbeiten  #2:
Der Welt abhanden kommen

Ein Lieblingswort von Mahler hieß „Splendid Isolation“. So beschrieb er sein Sommerleben fernab von Wien und den anspruchsvollen Aufgaben als Direktor der Hofoper. Dazu Alma: „Sein Leben war in den Sommermonaten immer bar allen Erdenrestes, fast unmenschlich rein. Keine Sucht nach Ruhm und äußere Größe kam ihm da in den Sinn. So lebten wir ruhig dahin, ohne innere Störung, bis auf die jeweilige Korrespondenz aus der Oper, die immer irgendein Ungemach brachte.“

Nachmachen: Produktivität braucht Ruhe und Konzentration. Vermeiden Sie Ablenkungen. Jede Störung kann den Gedankenfluss zum Versiegen bringen.

 

Produktiver und kreativer arbeiten  #3:
Naturschönheit wahrnehmen

Bevor Mahler seine Sommermonate in Maiernigg verbrachte, hatte er bereits den Attersee als Inspriationsquelle erlebt. Aus diesem Grund ließ er sich am Wörthersee zeitgleich mit der Villa am Seeufer das Arbeitshaus im Wald erbauen. Der Kreativitätsforscher Mihaly Csikszentmihalyi erklärt in seinem Buchklassiker Kreativität, wie eine reizvolle Umgebung die Denkprozesse beeinflusst: Traumlandschaften, können „neue und komplexe Sinneserfahrungen eröffnen, was die Aufmerksamkeit aus ihren gewohnten Bahnen reißt und zur Verfolgung ganz neuer, attraktiver Muster verleitet.“

Nachmachen:  Gehen Sie hinaus in die Natur, um auf neue Gedanken zu kommen. Oft genügt ein Spaziergang im Park.

 

Produktiver und kreativer arbeiten  #4:
Mit Blockaden rechnen

Schreiben läuft selten wie geschmiert. Mit dem Komponieren ist es ähnlich. Diese Erfahrung musste auch Mahler machen und aushalten. Dazu Alma: „In Maiernigg gab es wieder die vierzehn Tage Anfangslähmung, die Mahler fast in jedem Jahr alle Schrecken der Unproduktivität fühlen ließen. Da plötzlich überfällt es Mahler in dem Augenblick, wo er sein Arbeitshaus am Morgen betritt – ‚Veni creator spiritus‘.“

Nachmachen: Die Gedanken sprudeln selten auf Knopfdruck. Was sich wie eine Blockade anfühlt, können Sie als Hemmnis betrachten. Oder als gedankliche Vorbereitung. Die eine Sichtweise lähmt, die andere spornt an.

 

Produktiver und kreativer arbeiten  #5:
Spazieren gehen

Von den Arbeitsstunden im Komponierhäusl abgesehen war Mahler ständig in Bewegung: morgens eilte er den  steilen Weg hinauf zum Arbeitshaus, mittags schwamm er im See, nachmittags wurde gegangen oder gerudert, drei, vier Stunden lang – „ob Hitze, ob Regen“, so Alma. Die moderne Kreativitätsforschung bestätigt: Bewegung beflügelt das Gehirn, Inhalte unbewusst zu verarbeiten und schöpferische Ideenverknüpfungen vorzunehmen.

Nachmachen: Wenn beim Schreiben nicht viel läuft – gehen Sie Laufen. Oder wahlweise Spazieren, Schwimmen, Golfen, was immer Ihnen Spaß macht. Warten Sie nicht auf den zündenden Funken, nehmen Sie ihn einfach wahr,  wenn er sich einstellt.

 

Textquelle: Folder Gustav-Mahler-Komponierhäuschen

Hinkommen: Das Gustav-Mahler-Komponierhäuschen ist vom Parkplatz des Strandbades Maiernigg aus zu Fuß in wenigen Minuten erreichbar.

Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 13 Uhr (Anfang Juni bis Ende Oktober)

 

 

Die Contentmacherin: Dr. Doris Märtin berät und unterstützt Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter, Kunden emotional intelligent anzusprechen und mit einer zeitgemäßen Sprachkultur zu überzeugen. Sie entwickelt Texte und Content, gibt Workshops, hält Vorträge und schreibt Bücher rund um die verbale und non-verbale Kommunikation.  Sie wollen mehr erfahren, was Doris Märtin für Sie tun kann? Hier kommen Sie zum Beratungsangebot. Oder schreiben Sie eine Mail an: doris.maertin@t-online.de